bei Cornelia Müller
Das Projekt Fachkräftemangel ist in diesem Frühling wie geplant umgesetzt worden. Welche Unterstützungsangebote stellt der VZGV seinen Mitgliedern zur Verfügung?
Cornelia Müller: Sie können von drei niederschwelligen Unterstützungsangeboten profitieren: Vom Angebot «Coaching», bei dem sich die Gemeinden gegenseitig bei der Einführung von neuen Mitarbeitenden, insbesondere Quereinsteigerinnen oder Quereinsteigern, unterstützen.
Das zweite Angebot läuft unter dem Motto «Zusammenarbeit». Es bietet einen Leitfaden und diverse weitere Hilfestellungen, um Möglichkeiten und Wege aufzuzeigen, wie Gemeinden gemeinsam Dienstleistungen in Kompetenz-, Informations- und Beratungszentren – oder mittels einzelner Fachpersonen – erbringen können. Das kann eine grosse Entlastung sein, wenn beispielsweise in einzelnen Bereichen Fachpersonal fehlt oder die Auslagerung von Aufgaben temporär oder dauerhaft sinnvoll ist.
Mit dem Angebot «Ausbildungsprogramme» möchten wir zudem jungen Berufsleute mit einer Verwaltungsausbildung die Möglichkeit bieten, sich in verschiedenen Verwaltungen weiterzubilden, kombiniert mit einem Abschluss in einer höheren Fachschule. Das attraktive Weiterbildungsangebot bietet eine flexible und gezielte Laufbahnplanung, wodurch die Branche für die jungen Berufsleute bzw. Lehrabgänger attraktiv bleibt.
Wie können Gemeinden und Städte die Angebote nutzen und sich beispielsweise am Ausbildungs- oder Coachingprogramm beteiligen? Müssen Sie sich anmelden?
Auf unserer Website www.vzgv.ch sind unter «Fachkräftemangel» alle Informationen zu finden. Städte und Gemeinden können sich zudem per E-Mail an sekretariat@vzgv.ch für ein unverbindliches Erstgespräch bei der Geschäftsstelle melden. Gemeindevertreter/innen und Interessent/innen für einen Ausbildungsplatz sowie alle, die sich als Coach oder Mentor/in zur Verfügung zu stellen möchten, können sich direkt auf unserer Website anmelden. Nach der Registrierung ist es unter anderem möglich, Ausbildungsplätze anzubieten oder sich für diese zu bewerben.
Sie waren ebenfalls Teil der Projektgruppe, die in den vergangenen rund zwei Jahren die Unterstützungsangebote erarbeitet hat. Gab es noch weitere Ideen, um dem Fachkräftemangel in der Branche entgegenzuwirken? Und wurden die Gemeinden und Städte in den Findungsprozess mit einbezogen?
Die Erarbeitung der Teilprojekte erfolgte unter Mitwirkung von sehr vielen Fachkräften aus dem Gemeindeumfeld. Dadurch sind sie breit abgestützt. Es gab zu Beginn des Prozesses sehr viele verschiedene Ideen, welche dann im Laufe des Projektes weiter evaluiert wurden. Die besten Ansätze wurden präzisiert und im Detail ausgearbeitet. Selbstverständlich konnten nicht alle ursprünglichen Ideen umgesetzt werden. Es war ein sehr kreativer und innovativer Prozess. Mich persönlich hat es extrem gefreut, dass auch politische Vertreter/innen mit am Prozess beteiligt waren. Das ist aus meiner Sicht ein enorm wichtiger Aspekt – denn ein solches Projekt kann nur gemeinsam mit der politischen Ebene in einer Stadt oder Gemeinde umgesetzt werden. Es braucht die Akzeptanz und das Verständnis von allen beteiligten Ebenen.
Die Angebote basieren alle auf einer Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und Städten. Das Konzept Hilfe zur Selbsthilfe wurde konsequent umgesetzt. Sind Sie zuversichtlich, dass das gelingen wird?
Selbstverständlich bin ich überzeugt, dass es uns gelingen wird (lacht)! Die Not in den einzelnen Städten und Gemeinden ist zwar noch unterschiedlich gross – jedoch spüren alle die Auswirkungen des Fachkräftemangels deutlich. Keine Verwaltung bzw. kein Betrieb kann dieses Problem für sich alleine bewältigen – sonst würden wir heute an einem ganz anderen Ort stehen. Wenn es so einfach wäre, hätten wir die Lösung schon länger gefunden. Das Thema Fachkräftemangel kennen wir ja bereits seit Jahren. Ich bin überzeugt, dass es uns mit der Zeit gelingen wird das Umdenken anzustossen. Der Fachkräftemangel kann nur als Branche gemeinsam gelöst werden. Konkret heisst dies für eine einzelne Gemeinde, dass sich ihr eigenes Engagement – zum Beispiel mit dem Angebot eines Ausbildungsplatzes oder der Übernahme eines Coachings – nicht direkt im gleichen Zeitpunkt für sie «lohnen» wird. Mittelfristig gedacht, wird es die Situation in der ganzen Branche aber verbessern und entspannen – und das ist dann der Gewinn für jede einzelne Gemeinde.
Wenn Sie einen imaginären Blick in die Kristallkugel werfen – wie wird sich der Fachkräftemangel in der Branche in den kommenden Jahren entwickeln? Und was können die VZGV-Unterstützungsangebote zu dieser Entwicklung beitragen?
Ich wage zu behaupten, dass die Lösung nicht bereits übermorgen auf dem Tisch liegt. Wir alle – die Fachkräfte der öffentlichen Verwaltungen – werden uns nicht nur für die eigene Gemeinde oder Stadt, sondern auch für die Branche als Ganzes einsetzen müssen. Der wichtigste Schritt ist aus meiner Sicht, die Jugendlichen während ihrer Berufswahl schon auf die Vielseitigkeit der kaufmännischen Lehre in der öffentlichen Verwaltung aufmerksam zu machen. In einem weiteren Schritt gilt es, die fachliche Ausbildung auf der Verwaltung nicht nur sehr praxisnah zu gestalten, sondern auch die theoretischen Fachkenntnisse möglichst fundiert zu vermitteln. Die jungen Berufsleute sollen sich auch fähig fühlen, nach ihrem Lehrabschluss auf einer Verwaltung eine verantwortungsvolle Stelle anzunehmen. Da hilft sicher das Ausbildungsprogramm weiter. Zudem braucht es in den nächsten Jahren auf jeden Fall auch interessierte Fachleute aus anderen Branchen als Quereinsteiger/innen, die auf der öffentlichen Verwaltung eine Chance bekommen. Das heisst, es braucht auf den Gemeinden auch den Mut, solche Personen zu rekrutieren. Hier kann das Teilprojekt «Coaching» sicherlich eine grosse Stütze sein. Selbstverständlich wird es auch nötig sein, gewisse Aufgaben vermehrt im Verbund – also von verschiedenen Gemeinden gemeinsam – anzubieten. Das ist heute noch eher ein schwieriges Thema – denn man will die Dienstleistung oftmals ja nicht aus der Hand geben. Aus meiner Sicht gibt es aber viele Teilbereiche der öffentlichen Hand, die sich viel besser als grössere Einheit lösen lassen. Und da setzt das Teilprojekt «Zusammenarbeit» an.