Wir stellen vor: Dr. Rémy Chrétien
Seit Anfang Juli bist du nach der Fusion mit der von dir gemeinsam mit Michel Geelhaar geführten geelhaarconsulting als Senior Berater in der Niederlassung Bern Teil der «Federas-Familie». Wie wurde euer Team aufgenommen?
Unsere neuen Kolleginnen und Kollegen haben mich und das ganze Berner Team mit offenen Armen empfangen. Ich fand es schön, dass der Federas-Firmenausflug in diesem Herbst in Bern stattfand. So konnten wir uns «beschnuppern» und uns besser kennenlernen. Das war sehr sympathisch und die «Federas-Familie» rückte dadurch noch ein Stück näher. Es vereinfacht auch die Zusammenarbeit im Arbeitsalltag, wenn man sein Gegenüber persönlich kennt.
Du berätst Institutionen und Unternehmen unter anderem in Umweltthemen, bei Fragen rund um die Nachhaltigkeit sowie Energie und Mobilität. Ist man in der Schweiz aus deiner Sicht diesbezüglich auf einem guten Weg?
Mich begleiten diese Themen schon seit vielen Jahren. Die Schweiz galt gemeinsam mit den nordischen Ländern lange als Vorreiterin im Umweltschutz, auch aufgrund der vergleichsweise strengen Gesetzgebung. Zuvor wurde dem Thema aber auch hierzulande kaum Beachtung geschenkt. Viele können sich gar nicht mehr vorstellen, wie sich vor wenigen Jahrzehnten die Lage in der Schweiz präsentierte: In vielen Flüssen und Seen konnte man nicht mehr bedenkenlos schwimmen, und ich selbst habe als Kind auf der gemeindeeigenen Deponie gespielt, wo vom Bett über den Kühlschrank bis zum Ölfass alles hingeworfen wurde. Es bedurfte leider Umweltkatastrophen, wie etwa dem Chemieunfall in der Basler «Schweizerhalle» 1986, um ein Umdenken auszulösen. Wir hätten alle Möglichkeiten und die finanziellen Mittel, um weiterhin als gutes Beispiel voranzugehen. Der Wille zur Veränderung scheint aber in der Bevölkerung und der Politik noch gering, wie die Ablehnung des CO2-Gesetzes an der Urne eindrücklich bewies. Zum Glück gibt es Firmen und Gemeinden, die Investitionen in die Umwelt als langfristigen Gewinn sehen – wir könnten in diesem Bereich aber noch sehr viel mehr erreichen.
Als Leiter des Bereichs Nachhaltigkeit bei den SBB hast du dich jahrelang auf Grosskonzernseite mit diesem Thema auseinandergesetzt. Welche Vorteile bringt einem Unternehmen eine externe Beratung, um möglichst umweltschonend zu agieren?
Aus meiner Sicht sind es drei Punkte, weshalb eine externe Nachhaltigkeitsberatung für eine Firma sinnvoll sein kann: 1. Das Unternehmen verfügt selber nicht über genügend Know-how in diesem Bereich und kann es auf diese Weise bedarfsgerecht beziehen. 2. Eine Aussensicht ist immer auch eine Chance, weil neue Ansätze, neue Netzwerke und Denkweisen ins Unternehmen getragen werden und dadurch alternative Lösungswege erarbeitet werden können. 3. Das Problem des «Propheten im eigenen Land» wird umgangen. Viele Unternehmen könnten grundsätzlich selber Lösungen erarbeiten. Kommen diese aber von internen Vertretern, habe sie oft weniger Gewicht, als jene von externen Beratern.
Was fasziniert dich besonders an Umweltthemen?
Das ist schon fast eine metaphysische Frage. Als Naturwissenschaftler finde ich unsere Umwelt unglaublich faszinierend. Die Menschheit hat zwar in ihrer – gemessen am Alter unseres Planeten – kurzen Geschichte schier Unglaubliches vollbracht. Wenn wir die Natur näher erkunden, stellen wir aber immer wieder fest, dass sie uns in vielerlei Hinsicht weit voraus ist. Die Beobachtung der Natur erweist sich immer wieder als Inspiration für technologische Entwicklungen. So hat sich beispielsweise die Firma Airbus die bionischen Strukturelemente an den Flügeln ihres neuen Konzeptflugzeugmodells, mit den nach oben gebogenen Enden, vom Adler abgeschaut. Weil man den Adlerflug genau analysierte, lässt sich nun mit dieser Entwicklung enorm viel Treibstoff sparen. Die Natur ermöglicht uns aber nicht nur solche Entdeckungen, sondern sie lehrt uns auch, dass wir als Menschheit von unserer Umwelt in jeder Hinsicht abhängig sind. Diese Abhängigkeit sollte uns bescheiden machen und uns Ansporn sein, uns für den Erhalt unserer Umwelt einzusetzen – nicht nur zu unserem eigenen Wohl, sondern vor allem auch, um nachfolgenden Generationen ein Leben in Würde und Sicherheit zu ermöglichen.
Die Strategie- und Organisationsentwicklung gehört auch zu deinen Beratungsschwerpunkten. Wie können unserer Kunden von deinem Know-how profitieren?
Das ist ein grosser Teil meiner Beratungstätigkeit. Ich sehe mich als Begleiter, als Sparringspartner, der den Kunden eine Aussensicht vermitteln kann. Ich versuche gemeinsam mit ihnen eine optimale Lösung mit ihren eigenen Ressourcen zu finden. Sie müssen den Weg danach selber weitergehen können. Ich begleite sie dabei, in diesem Prozess vorwärts zu kommen, hinterfrage vieles und bringe neue Impulse. Das hat sehr viel mit menschlicher Interaktion zu tun. Um ein Mandat erfolgreich gestalten zu können, muss die Chemie stimmen, das gegenseitige Rollenverständnis muss klar sein und man muss einander vertrauen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, entsteht eine positive Dynamik und das Projekt kommt zum Fliegen.
Nach der Arbeit das Vergnügen: Wie schaffst du in deiner Freizeit einen Ausgleich zum Berufsleben?
Ich bin gerne draussen in der Natur, um «aufzutanken». Meistens tue ich das sportlich auf zwei Beinen: Ich bin ein begeisterter Läufer, sei es auf der Strasse oder auf Trails, wandere oder fahre Ski. Kulturell bin ich ebenfalls interessiert. Dabei nutze ich auch das Angebot in der Stadt Bern, das sich in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt hat. Aktuell habe ich beispielsweise das Ballett entdeckt, obschon ich selber ein lausiger Tänzer bin (lacht).